Band 5 des "Zeitlotsen" erschienen
Halbzeit beim Buchprojekt „Zeitlotse“. Mit Heinrich II., dem letzten Ottonen, endet das Frühmittelalter (man könnte es auch später enden lassen, aber ich mache hier den Schnitt). In den bisher erschienen fünf Bänden wurde ausgehend von einem Herrscher je ein Meilenstein der politischen Geschichte behandelt: die Verbindung von Königtum und Papst unter Pippin, die Kaiserkrönung Karls des Großen, die Auflösung des fränkischen Großreiches unter Ludwig dem Frommen, die schwierige Durchsetzung der Primogenitur unter Otto dem Großen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Der fünfte Band beschäftigt sich mit zwei sehr gegensätzlichen Herrschern: dem jungen Kaiser Otto III. und seinem Nachfolger, dem gesetzteren Heinrich II. Dessen Vater hatte den sechsjährigen Otto in seine Gewalt gebracht, um (vermutlich) selbst König zu werden. Beide waren hoch gebildet, verfügten über ein ausgeprägtes Sendungsbewusstsein und waren (natürlich) tiefreligiös. Der eine, Otto, richtete seinen Blick nach Rom und in den Osten, wollte (vielleicht) ein neues christliches Römisches Reich schaffen unter Einbeziehung des gerade eben christianisierten Ostens, das Papsttum reformieren, Rom zu einem geistlich-weltlichen Zentrum machen. Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen, sagte Helmut Schmidt und diesem Verdikt schließt sich mancher Geschichtskundige an. Dabei ist noch nicht einmal sicher, ob der junge Kaiser diese hochfliegenden Pläne tatsächlich verfolgte. Als Otto mit 22 Jahren starb, war die Nachfolge nicht geklärt, doch sein Vetter Heinrich II. stand bereit und setzte sich mit List und Tücke durch, obwohl er keineswegs der Wunschkandidat aller Mächtigen war. Heinrich ließ Rom Rom sein, fühlte sich auch ohne Kaiserkrönung als Sachwalter Gottes auf Erden, führte ziemlich viele Kriege, brüskierte eine Menge Leute, setzte auf die Kirche und Bayern.
Was heißt hier deutsch?
Beide Herrscher wurden in späteren Zeiten politisch instrumentalisiert. Vor allem in Heinrich sah man einen Vertreter nationaler Interessenpolitik und unterschlägt dabei, dass Heinrich über ein Vielvölkergebilde aus Franken, Sachsen, Bayern und Alamannen herrschte, für das es noch nicht einmal einen griffigen Namen gab. Und auch Heinrichs Vorgänger betrieben keine „deutsche“ Politik in Italien, sie wollten schlicht ihre Einflusssphäre nach Süden ausweiten, so wie vor ihnen schon Karl der Große. Heinrich sah sich als Bayer, Otto III. als Grieche, Sachse und Überzeugungsrömer. Keiner hätte sich als deutsch bezeichnet. Teutones, Deutsche, waren alle, die nicht in einer romanischen Sprache redeten. Verdammt lang her und doch irgendwie aktuell.
Demnächst
Der nächste Band wird sich mit Herrschaft im Frühmittelalter beschäftigen. Regieren ohne einen Stab von Beamten, ohne Bürokratie, ohne Hauptstadt, geht das überhaupt? Um Franz Beckenbauer zu zitieren: „Schaun mer mal!“
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Wer sich erst einlesen will, kann das hier tun: Leseproben
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