Wie die Römer sich mit Hilfe von außen selbst abschafften und
wie die Merowinger sich gegenseitig abschlachteten
und trotzdem oder gerade deshalb an der Macht blieben.
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Blüte und Verfall?
Warum hört ein Imperium auf zu existieren? Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Generationen von Historikern haben in Kategorien von Geburt und Tod, Blüte und Verfall gedacht, dabei munter biologische Vorgänge auf geschichtliche Prozesse übertragend. Im Hinterkopf herrschte dann wahlweise die Vorstellung von einer hochstehenden Zivilisation, die durch primitive Wilde zerstört wurde oder die Vorstellung von dekadenten überzüchteten Römern, denen von kraftstrotzenden Naturburschen endlich einmal gezeigt wurde, dass die Welt gut und gerne auf ein römisches Bad verzichten konnte. Und immer versucht(e) man, aus dem Fall des Römischen Reiches Lehren für die eigene Zeit zu ziehen. Heute sehen manche Historiker das Ende Roms als einen Betriebsunfall an, als Folge einer missglückten Integration der Barbaren (man beachte den Zeitbezug!). Im Allgemeinen bemüht man sich aber, wertneutral an die Sache heranzugehen, und spricht von einer Transformation des Römischen Reiches, worunter man schlicht die Umwandlung von etwas Bestehendem in etwas Anderes versteht. Die Bewertung der Rolle der Barbaren durchläuft dabei Zyklen. Ähnlich wie die Außerirdischen in Science Fiction Filmen erscheinen sie je nach Zeitumständen und persönlicher Vorliebe als harmlose ETs oder bedrohliche Körperfresser.
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Pax Romana
Mit Augustus (63 v.Chr. - 14 n.Chr.) endete die planlose Expansion des Reiches und es begann eine Phase der Konsolidierung. Augustus ging aus den Machtkämpfen nach Cäsars Tod als Sieger hervor. Die innerrömischen Auseinandersetzungen waren beendet, die Verwaltungsstrukturen wurden der Beherrschung eines befriedeten Weltreiches angepasst, das Beuteverhalten der Beamtenschaft durch einen neuen Sittenkodex eingedämmt. Augustus war es endlich gelungen, die grassierende Korruption in der Verwaltung zu bekämpfen. Die Bevölkerung in den Provinzen, bisher eher als Objekt der Ausbeutung begriffen, fühlte sich an Rom als Garant des Friedens und des Wohlstandes gebunden. Dazu gehörte ein gewisses Maß an Toleranz, die Römer griffen nur wenig in die gewachsenen Strukturen beherrschter Gebiete ein. Die Truppenstärke konnte gesenkt werden, damit auch die Steuern und alle waren zufrieden. Das Römische Reich legitimierte sich über die Wahrung des Friedens - die pax Romana. „Die grässlichen Türen des Kriegstempels werden durch Eisen und feste Gefüge verschlossen werden“, prophezeite Jupiter den späteren Römern in der „Aeneis“ des Dichters Vergil. Und Augustus war, nicht nur nach Ansicht Vergils, der Mann, der diese Prophezeiung in die Tat umgesetzt hatte. Man kann auch sagen, Rom war nicht sehr gefordert und das war gut so, denn es war das, was es leisten konnte.
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Ein Bischof erzählt Geschichten
Wer die Geschichte der Merowinger nachlesen will, sollte nicht allzu zart besaitet sein. Es treten auf: mordlüsterne Könige und ihr Anhang, rachsüchtige Frauen, machtgierige Söhne und bösartige Töchter. Familienstreitigkeiten waren an der Tagesordnung und die Merowinger lösten sie bevorzugt nonverbal. Vom Kleinkind bis zur Urgroßmutter wurde alles, was im Weg stand, erdolcht, erwürgt, zerschmettert, zerrissen oder gepfählt. Mütter ließen auch schon mal schwere Truhendeckel auf die zarten Hälse ihrer widerspenstigen Töchter fallen oder sie von wild gewordenen Ochsen über Brücken schleudern. Die Merowinger dezimierten sich gerne gegenseitig. Wer Glück hatte, kam mit dem Verlust des Haupthaares davon.
Darüber berichtet - mit erstaunlichem Gleichmut - ein Mann der Kirche: Gregor, Bischof von Tours. Gregor war kein neutraler Berichterstatter, ganz im Gegenteil. Er ergriff entschieden Partei und bastelte gerne an Legenden. Eigentlich müsste man hinter all seine Geschichten ein großes Fragezeichen setzen. Doch obwohl wir wissen, welch eigenwilliger Schreiber Gregor war, bestimmt er noch heute unser Bild von den Merowingern. Denn es fehlt an anderen Quellen: Neben archäologischen Funden sind an Schriftlichem nur einige Testamente, Briefe, um die 200 Urkunden sowie etliche Heiligenviten erhalten. Und von den 200 Urkunden sind zwei Drittel Fälschungen. Zurück zu Gregor also.
Wer war der Mann, der seine Geschichten so eingängig darzustellen verstand? Gregor stammte aus altem romanischem Senatorenadel. Er wurde 538 in Clermont geboren und starb 594. Seine Familie konnte bereits eine lange Reihe von Bischöfen vorweisen als er 573 selbst Bischof von Tours wurde, 200 Jahre nach dem heiligen Martin (der mit dem Mantel). In seiner Zeit als Bischof schrieb er die „Zehn Bücher Geschichten“, eine christliche Universalgeschichte von der Schöpfung bis zum Weltende, genauer bis zum Sommer 591. Das erste Buch behandelt die Zeit bis 397, dem Todesjahr des heiligen Martin von Tours, mit dem vierten Buch erreichte Gregor dann seine eigene Zeit. Gregor hielt die Chronologie, ob bewusst oder aus Unwissen, nicht genau ein, er schmückte Episoden aus und legte den Personen genau die Reden in den Mund, die in seinen Plan passten. Denn: Gregors Zehn Bücher sollten nicht nur eine heilsgeschichtliche Aufgabe erfüllen, sie waren auch eine Kampfschrift, ein Mittel der politischen Auseinandersetzung zwischen den beiden Polen der Macht: Bischof und König.
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! Arianismus
Der Arianismus geht auf Arius, einen Priester aus Alexandria, zurück, der von 260 bis 336 lebte. Wesentlicher Punkt der Lehre des Arianismus ist: Christus ist nicht wesensgleich mit Gott, sondern nur dessen edelstes Geschöpf. Dagegen besagt die - heute vorherrschende - Trinitätslehre, dass Gott, Christus und Heiliger Geist eine Wesenseinheit bilden mit drei verschiedenen Ausprägungen. Wie man sieht, muss man schon in theologische Feinheiten einsteigen, um das Problem der Gottähnlichkeit (Arianer) oder Gottgleichheit (Trinitarier) zu verstehen. Nichtsdestotrotz wurde im philosophisch gebildeten Osten des römischen Imperiums heftig um dieses Problem gestritten, auch unter Beteiligung einer großen Öffentlichkeit. Zeitweise war der Arianismus in einigen Bereichen des Römischen Reiches sogar Staatsreligion. Auf dem Konzil von Nicäa 325 setzten sich die Trinitarier mit ihrer Lehre von der Wesensgleichheit dann zunächst durch. Damit waren die Auseinandersetzungen jedoch noch nicht beendet. Die arianische Partei gewann viele Anhänger, besonders im Kaiserhaus. Der Kaiser erzwang sogar die Wiederaufnahme des Arius in die Kirche, leider starb Arius kurz vorher in Konstantinopel, sehr zur Genugtuung des dortigen Bischofs, der gebetet hatte, dass entweder er oder Arius vor diesem Tag das Zeitliche segnen möge. Die theologischen Auseinandersetzungen hatten auch Auswirkungen auf den Westen. Die in das Römische Reich einsickernden Barbaren kamen zu einer Zeit mit dem Christentum in Kontakt als der Arianismus vorherrschend war. Wulfila, gotischer Bischof, verfasste eine Bibel in gotischer Sprache, die arianische Elemente aufnahm und das Ganze für die nicht so Feinsinnigen auch etwas vereinfachte. Die Goten missionierten fleißig in ihrem Umfeld. Das führte dazu, dass in den neu entstehenden barbarischen Reichen oft eine arianische Minderheit über eine trinitarische, also katholische, Mehrheit herrschte. Meist lebte man in gepflegter Feindschaft nebeneinander her wie im spanischen Westgotenreich oder bei den Ostgoten in Italien. Es kam aber auch zu blutigen Verfolgungen der Katholiken wie im nordafrikanischen Vandalenreich. Es gibt die These, dass ein vereinfachtes arianisches Bekenntnis den unzivilisierten barbarischen Wilden leichter eingängig war. Sei es wie es will, auf jeden Fall bot sich den barbarischen Eroberern mit dem arianischen Bekenntnis die Möglichkeit, sich von der Mehrheit abzuheben und ihre Eigenständigkeit auszudrücken und zu bewahren. Eine Vermischung mit der ansässigen Bevölkerung war ausdrücklich nicht erwünscht. Auf Dauer konnte sich der Arianismus aber nicht durchsetzen. Mit dem Konzil von Konstantinopel 381 und der katholischen Taufe Chlodwigs Ende des 5. Jahrhunderts siegten die Trinitarier endgültig.
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