Otto I. und Otto II.

Anspruch und Ambitionen

Krisen und Konflikte prägten die Anfangsjahre Ottos des Großen, der sich nicht nur mit aufmüpfigem Adel sondern auch mit einem ehrgeizigen jüngeren Bruder auseinandersetzen musste. Erst sein Sieg über die heidnischen Ungarn festigte seine Position und brachte ihm die Kaiserkrone.

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Auszug aus Teil 1: Schwierige Anfänge

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Die Ungarn

Der letzte Ungarneinfall hatte deutlich gezeigt, dass das Reich den treffsicheren Bogenschützen auf ihren wendigen Pferden nichts entgegenzusetzen hatte. Die ständigen Plünderungen der Heiden konnte ein christlicher König nicht auf Dauer hinnehmen. Schließlich war das Kriegsglück immer noch der Indikator für herrscherliche Befähigung. 955 war es wieder soweit: Eine solche Menge Ungarn brach ein, „wie sie keiner von den damals lebenden Menschen zuvor irgendwo gesehen hatte“, heißt es in der Vita des Bischofs Ulrich von Augsburg. Die Ungarn belagerten Augsburg, was ungewöhnlich war. Gewöhnlich tauchten sie aus dem Nichts auf, nahmen mit, was sie tragen konnten und verschwanden wieder. An einem heißen Tag im August 955 kam es auf dem Lechfeld bei Augsburg zur Entscheidungsschlacht. Es war „ein großes und blutiges Gemetzel“.

Das war keine übliche Schlacht, man hatte immerhin Heiden zu besiegen. Es galt, sich den Beistand Gottes zu sichern. So ordnete der König am Vortag ein allgemeines Fasten an. In Augsburg gab es eine Prozession der Klosterfrauen: Mit Kreuzen in den Händen zogen sie durch die Straßen. Konrad der Rote soll unter seiner Rüstung sogar ein Bußgewand getragen haben. Der 10. August, der Tag des heiligen Laurentius, wurde als Tag des Angriffes festgelegt. Otto soll vor der Schlacht ein Gelübde abgelegt haben: Sollte Gott ihm durch die Fürsprache des Heiligen den Sieg schenken, wolle er in Merseburg ein Bistum für ihn errichten. Merseburg lag im Grenzgebiet zu den Slawen, sodass Otto wohl auch an die Heidenmission dachte. Am Anfang waren die Ungarn im Vorteil, doch Otto ergriff die Heilige Lanze (eine Reliquie) und das Blatt wendete sich. Vielleicht lag es daran, vielleicht lag es auch an einem Hitzegewitter, denn die gefürchteten Bogen der Ungarn wurden bei Nässe unbrauchbar. Jedenfalls flohen die Ungarn. Scheinbar zu flüchten, um dann die versprengten Verfolger anzugreifen, war eine Taktik der Ungarn. Doch dieses Mal war es keine vorgetäuschte Flucht. An allen Brücken und Flussübergängen standen Wachen, sodass viele Ungarn auf dem Rückzug ertranken oder niedergemacht wurden. Wie sich zeigen sollte, war die Schlacht auf dem Lechfeld das Ende der Ungarneinfälle. Trotz des Liudolf-Aufstandes, der das sächsische Königtum an den Rand des Untergangs gebracht hatte, war Otto jetzt mächtiger als zuvor. Unter seiner Führung hatte man das gewaltige Heer der Ungarn geschlagen.

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Otto als Patriarch

Ottos Vater Heinrich hatte sich auf Sachsen beschränkt, den Konsens mit den Herzögen gesucht und diese weitgehend in Ruhe gelassen. Es war ihm so gelungen, das auseinanderdriftende ostfränkische Gebilde zu konsolidieren. Otto versuchte, seine Position stärker auszubauen und sich mehr politische Bewegungsfreiheit zu sichern. Das ging nicht ohne Widerstand ab. Das ottonische Königtum war mehrfach kurz davor zu scheitern.

Niemand wollte das Königtum an sich abschaffen. Der König war eine Integrationsfigur. Er wurde von den Großen als notwendig erachtet, weil man die eigene Position über die Nähe zum König definieren konnte. Der König war der Fixpunkt, an dem man die eigene Stellung ausrichtete. Oft waren die ranghöchsten Familien dem König auch verwandtschaftlich verbunden. Aber zuviel Macht sollte dieser König dann auch wieder nicht besitzen. Jede Auseinandersetzung drehte sich im Grunde darum, welchen Handlungsspielraum man dem König einräumen wollte. Es war ein grundsätzliches Problem und die Auseinandersetzungen wurden gewaltsam geführt, weil die Fehde ein legitimes Mittel war, um Ansprüche durchzusetzen. Und: Ehrverletzungen hatten eine lange Verfallsdauer, kam es zu einem Aufstand, beteiligten sich sofort wieder die Unzufriedenen früherer Auseinandersetzungen. Man tat es nicht gerne. Tristis, traurig, waren die Unzufriedenen, bevor sie losschlugen, ...    

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Auszug aus Teil 2: Der Ruf des Südens

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Die byzantinische Schwiegertochter

967 wurde in Ravenna das Osterfest gefeiert. Papst und Kaiser luden Ottos Sohn ein, das nächste Weihnachtsfest in Rom zu feiern. Erzbischof Wilhelm und die Großen erhielten den Auftrag, die Reise des Juniors würdig zu gestalten. Otto empfing den Zwölfjährigen in Verona und zog mit ihm nach Rom. Am Weihnachtstag 967 wurde Otto zum Mitkaiser geweiht, so wie es in Byzanz üblich war. Bei seinem Italienzug vor sechs Jahren hatte Otto senior es noch vermieden, das Reich ohne Herrscher (wenn auch nur pro forma) zu lassen. Doch jetzt hatte er mit seinem Sohn Größeres vor.

Der alte Kaiser bemühte sich um eine byzantinische Prinzessin als Schwiegertochter. Eine purpurgeborene Prinzessin sollte es schon sein. Das war nicht irgendeine Kaisertochter, sondern eine Prinzessin, die geboren wurde, als ihr Vater bereits Kaiser war. Solche Kinder kamen in einem mit Porphyr (= Purpur) ausgekleideten Raum im Palast zur Welt. In Frage kam eigentlich nur Anna, die purpurgeborene Stieftochter des Kaisers Nikephoros, eines fähigen Generals, der Annas Mutter, die verwitwete Kaiserin, geheiratet hatte. In Byzanz hielt man jedoch nicht allzu viel von dem sächsischen Möchtegern-Kaiser. Otto provozierte die Byzantiner, weil er in karolingischer Tradition die alten langobardischen Fürstentümer Spoleto, Capua und Benevent für sich reklamierte, die Byzanz als eigenen Besitz betrachtete. Und da Byzanz seine Bitten um eine Braut abschlägig beschied, begann der Kaiser einen Krieg im süditalienischen Apulien. Bei dieser Auseinandersetzung konnte keine Seite gewinnen. Otto verfügte über keine Seestreitkräfte, sodass er die griechische Flotte nicht bekämpfen konnte. Die Byzantiner andererseits waren an Land nicht stark genug, um sich gegen die Männer aus dem Norden durchzusetzen. Also ging man, wie immer in solchen Fällen, nicht zimperlich vor und Otto ließ griechischen Gefangenen die Nasen abschneiden, bevor sie nach Hause zurückgeschickt wurden. Das Zwei-Kaiser-Problem, das unter Karl dem Großen geklärt schien, war wieder da.

Der Sturz des oströmischen Kaisers ebnete den Weg. Im Dezember 969 wurde Nikephoros unter Beteiligung seines Neffen und Nachfolgers ermordet (pikanterweise hatte der Neffe angeblich eine Affäre mit der Kaiserin und folgerichtig wurde Nikephoros auch im Schlafgemach ermordet – sagte jedenfalls der byzantinische Klatsch). Der neue Kaiser hatte kein Interesse an einer Ausweitung des Konflikts mit den fernen Barbaren und schickte seine schätzungsweise zwölfjährige Nichte Theophanu als Braut auf den Weg in den Norden. Theophanu war natürlich keine purpurgeborene Kaisertochter und manch einer im Frankenreich begriff dies als Affront. Man solle diese Braut besser wieder zurückschicken, murrte man missmutig. Nur die kostbaren Mitbringsel beruhigten etwas die Gemüter. Der Rang der Braut war weit niedriger als der des Bräutigams. Doch der Kaiser des Westens war es zufrieden oder er machte zumindest das Beste daraus und behandelte die Braut einfach als eine Porphyrogenneta, eine Purpurgeborene. 

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Mehr lesen? Hier ist der Link: Projekt Zeitlotse, Band 4.