Am 25.12.800 wurde Karl der Große in Rom zum Kaiser gekrönt. Der erste Kaiser des Westens seit Romulus Augustulus im Jahr 476 abgesetzt wurde. Höher konnte man nicht steigen. Doch der Weg dahin war für die Karolinger lang und beschwerlich.
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751 - Endlich König!
„Großartig! Gerade König geworden. Jetzt wird durchregiert. #Make Pippin great“, twitterte Pippin, ehemaliger Hausmeier, jetziger König, an einem unbekannten Tag des Jahres 751 an seine geschätzten 500 Follower. PUTSCH titelte die Zeitung mit den großen Lettern und hoffte, mit einem handfesten Skandal ihre Auflage zu steigern, was schon daran scheiterte, dass die Wenigsten lesen konnten. Wie immer blieb die breite Masse stumm. Was sollte sie auch sagen? Wieder einmal war ein Merowingerkönig in der Versenkung verschwunden. Das war nichts Neues. Nur dieses Mal folgte ihm kein anderer Merowinger, sondern Pippin aus dem Geschlecht, das man später die Karolinger nennen sollte. Und? Änderte das etwas am Leben der meisten Menschen?
Vermutlich nein. Die politisch interessierte Elite stellte sich vielleicht folgende Fragen:
1. Warum hatten die mächtigen karolingischen Hausmeier so lange gezögert, bis sie die merowingischen Scheinkönige absetzten?
2. Warum holten sie sich dazu eine kirchliche Autorität, nämlich den Papst und
3. wie lief das Ganze überhaupt ab?
Zufällig sind das genau die Fragen, die sich auch nach über 1250 Jahren nicht exakt beantworten lassen. Was über die Jahrhunderte viele Gelehrte nicht daran gehindert hat, ihr Leben der Beantwortung dieser Fragen zu widmen.
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Wie der Papst die Sache sah
Die Päpste waren schon seit Längerem in einer misslichen Lage. Die Langobarden hatten Ravenna erobert, beanspruchten die Hoheit über Rom und forderten Tribute. Papst Gregor III. hatte Karl Martell, Pippins Vater, mehrfach um Hilfe gebeten - allerdings vergeblich. Und das, obwohl er ihm den Schlüssel zum Petrusgrab übersandt hatte (ein beliebtes Geschenk der Päpste). In einem Brief aus dem Jahr 741 beklagte der Papst sich bitter, wie ihn die Langobarden verhöhnten. Doch selbst der Appell an das Ehrgefühl des Franken fruchtete nicht. Zu eng waren die Bindungen zwischen Karl und den Langobarden.
Nominell gehörte Rom zu Byzanz. Von Byzanz war jedoch keine Hilfe zu erwarten. Die Byzantiner hatten genug mit den Bulgaren und Arabern zu tun. Die fernen Langobarden interessierten da weniger. Außerdem erschütterte der Bilderstreit das Reich. Zunächst ging es nur um die richtige Verehrung von Ikonen, später sogar um deren Beseitigung und Verbot. Die Debatte wurde während des 8. und 9. Jahrhunderts mit großer Leidenschaft geführt und spaltete den Klerus in zwei sich feindlich gegenüberstehende Lager. Die Gründe, die zum byzantinischen Bilderstreit führten, sind bis heute umstritten. Möglich sind Einflüsse bilderfeindlicher Nachbarreligionen (Judentum und Islam) sowie persönliche Motive byzantinischer Kaiser. Byzanz war jedenfalls unfähig, im Westen noch effektiv militärisch einzugreifen. Nun hatte der Papst mit Pippin und seinen Franken jemanden an der Hand, der gewillt war, die Verantwortung für Rom und die Kirche zu übernehmen, jemanden, der päpstlichen Rat und Unterstützung gesucht hatte. Kein Wunder, dass die Päpste auf Pippin setzten. 753 erging ein Brandbrief Papst Stephans II. an den fränkischen Adel, in dem der Papst die Großen des Reiches beschwor, dem gottgeschützten König Pippin beizustehen, der sich für die Interessen des seligen Apostelfürsten Petrus (also Roms) einsetze. Wer Pippin unterstütze, dessen Sünden würden getilgt. Nichts weniger als das Seelenheil stand also auf dem Spiel. Ein stärkeres Argument konnte der Papst kaum bringen. Das war auch nötig, denn bei den Franken gab es eine starke prolangobardische Fraktion, auch wenn sich das in den Quellen nicht niederschlägt.
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Der Überfall
Karls Kaisertum begann mit einem Überfall. Zu Beginn des Sommers 799 erreichte den fränkischen Hof eine beunruhigende Nachricht. Papst Leo III. war im April während der jährlichen Prozession, mit der die Römer um eine gute Ernte baten, von Aufständischen überfallen worden. Kein unzufriedener Pöbel oder unzivilisierte Barbaren hatten sich auf den Papst gestürzt, sondern, unterstützt von mehreren Helfern, zwei hohe Amtsträger des päpstlichen Hofes, einer davon ein Verwandter von Leos Vorgänger Hadrian. Man hatte versucht, den Papst zu blenden und ihm die Zunge herauszureißen (um ihn so amtsunfähig zu machen). Nach den ersten Berichten war dies auch gelungen. Der Papst, so hieß es, sei mit blutverschmiertem Gesicht, nackt und halb tot auf der Straße liegen geblieben, bevor man ihn zunächst in eine Kirche geschleppt und dann in einem Kloster eingekerkert habe. Leo gehörte nicht zu den aristokratischen Kreisen Roms, aus denen sein von Karl geschätzter Vorgänger stammte. Er war ein ehrgeiziger Emporkömmling, dessen Weste wohl tatsächlich einige Flecken aufwies. Besonders pikant: Die Attentäter waren mehrfach als Gesandte am fränkischen Hof gewesen und waren Karl persönlich bekannt. Die Nachricht von den Unruhen in Rom konnte den Frankenherrscher nicht überrascht haben. Leo hatte sich von Anfang an Sorgen wegen seiner innerstädtischen Gegner gemacht und sich eng an Karl angeschlossen. Und der König wusste um die Schwäche des Papstes. Bereits mit seiner ersten Gesandtschaft hatte Karl dem Papst ein Schreiben übermittelt, in dem er die Aufgabenverteilung klarstellte. Er, Karl, verteidige die Kirche nach außen mit Waffengewalt und befestige sie nach innen durch Anerkennung des rechten Glaubens. Dem Papst blieb, das Heer zu unterstützen, damit das christliche Volk immer den Sieg davontrage. Kurz: Dem Papst blieb zu beten.
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Die Kaiserkrönung
Soweit die Ausgangslage im Jahr 800, als Karl der Große zu seinem Italienzug aufbrach. Ende November zog er mit großem Gefolge in Rom ein. Nach den Reichsannalen sei der Papst dem König bis zum zwölften Meilenstein vor die Tore Roms entgegengegangen und habe ihn dort demütig empfangen. Man nahm gemeinsam ein Mahl ein. Am folgenden Tag erwartete der Papst Karl auf den Stufen der Peterskirche. An strategisch günstigen Stellen habe Leo bezahlte Claqueure aufstellen lassen, die den Frankenherrscher bei seinem Einzug hochleben ließen. Der Empfang war wohlinszeniert und erinnert an das adventus-Zeremoniell, den feierlichen Einzug spätrömischer Kaiser. Das Papstbuch übergeht den Einzug Karls übrigens mit Schweigen. Während der Adventszeit fand unter Karls Vorsitz in St. Peter eine vierwöchige Synode statt, die am 23. Dezember damit endete, dass Leo sich - freiwillig - per Eid von den Vorwürfen reinigte. Eine elegante Lösung, denn bereits damals war nicht klar, wer eigentlich einen Papst richten könne.
Am 25. Dezember 800 wurde Karl Kaiser. Soviel ist unstrittig. Wie und warum das geschah, das ist weniger eindeutig, wie bereits bei Pippins erfolgreichem Griff nach der Königskrone fünfzig Jahre zuvor.
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