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Schwierige Mutter-Tochter-Beziehung

Schokoladentaler in Truhe
Bei problematischen Verwandtschaftsverhältnissen sollten Schätze nicht in Truhen aufbewahrt werden. Das kann tödlich enden.

Sie war vielleicht 15 Jahre alt, als man sie nach Spanien schickte, um einen westgotischen Königssohn und potentiellen Thronfolger zu heiraten. Nach unseren Maßstäben ein Kind, galt sie zu ihrer Zeit als junge Frau. Ihre Eltern waren eines der skandalumwittertsten Paare des 6. Jahrhunderts. Durch ihren Vater, König Chilperich, gehörte sie zur absoluten Upperclass des Merowingerreiches. Ihre Mutter Fredegunde war niederer Herkunft, eine ehemalige Sklavin der ersten Frau des Königs, dann dessen langjährige Geliebte. Und schließlich, nach der Ermordung der zweiten Ehefrau, offizielle Ehefrau Nummer 3 und Königin. Die junge Braut war die einzige Tochter dieses Paares. Geboren wurde sie irgendwann um das Jahr 570. Sie überlebte die Intrigen am Königshof und die dort grassierenden Krankheiten, die ihre vier Brüder dahinrafften. Nur der fünfte Bruder, er war erst wenige Monate alt, als sein Vater 584 ermordet wurde, erreichte das Erwachsenenalter.    

Ein kostspieliger Abschied

Die kleine Königstochter hatte schon früh ihren eigenen Kopf. Als ein Bischof übler Nachrede gegen ihre Mutter, die Königin, bezichtigt wurde, stellte sie sich auf dessen Seite. Sie fastete mit ihrem ganzen Haushalt bis die Vorwürfe fallen gelassen wurden. Da war sie erst um die zehn Jahre alt. Merowingische Königstöchter hatten nicht viele Möglichkeiten bei der Berufswahl. Ihnen blieb nur die Ehe oder das Kloster. Und sie durften nicht einmal selbst wählen. Für das junge Mädchen wurde die Hochzeit mit einem westgotischen Königssohn ausgehandelt. Im September 584 kamen Gesandte nach Paris, die die Braut in ihre neue Heimat Spanien geleiten sollten. Ihre Mutter ließ sie nur ungern gehen, war doch kurz zuvor der jüngste Königssohn mit zwei Jahren an der Ruhr gestorben. Das Königspaar stattete die Prinzessin ihrem Stand entsprechend aus. Fredegunde schleppte aus ihrem Vermögen soviel Schätze heran, dass der König sie des Diebstahls aus seinen eigenen Schatztruhen verdächtigte. Angeblich wurden 50 Karren benötigt, um die ganzen Kleider, das viele Gold und Silber zu transportieren. Dazu kamen noch jede Menge Pferde und Sklaven. Die Sklaven hatte man von den Gütern des Königs nach Paris bringen lassen. Viele sollen sich aus Angst vor dem Leben in der Fremde erhängt haben.    

Sitzengeblieben

Doch die Braut sollte Spanien nie erreichen. Gleich bei der Abfahrt brach die Achse eines Karrens, was man allgemein als schlechtes Omen deutete. Bereits beim ersten Nachtlager kurz nach Paris flohen 50 Mann mit 100 Pferden und wertvollem Zaumzeug. Wer konnte, suchte das Weite und nahm mit, was ihm in die Hände fiel. Die 4000 Mann, die der König zur Bewachung mitgegeben hatte, konnten oder wollten gegen die Absetzbewegungen nichts ausrichten. Nach 680 Kilometern, im südfranzösischen Toulouse, erreichte den Zug die Nachricht, dass der Vater der Braut ermordet worden war. Die Bewacher machten sich aus dem Staub, das junge Mädchen und ihre Mitgift fielen in die Hände nun abtrünniger Gefolgsleute ihres Vaters. Die Königstochter und ihr Schatz waren ein wertvolles Pfand im Kampf um des Königs Nachfolge. Man hielt das Mädchen in Haft und versorgte sie nur mit dem Nötigsten. Ihre Mutter Fredegunde hatte im fernen Paris genug damit zu tun, ihre eigene Haut und die Ansprüche ihres eben erst geborenen Sohnes zu retten, machte das aber recht erfolgreich.    

Ein Mordversuch

Als sich die Lage beruhigt hatte, holte sie ihre Tochter zurück nach Paris. Das war mütterlich gedacht, doch das Zusammenleben gestaltete sich schwierig. Die Tochter erhob Anspruch auf die Herrschaft im Haus und auf den Schatz ihres Vaters. Es kam zu üblen Szenen, Wutausbrüchen, Schimpftiraden und Handgreiflichkeiten von beiden Seiten. Das Mädchen warf ihrer Mutter deren niedrige Geburt vor und drohte damit, sie wieder in die Sklaverei zu schicken. Ihre Mutter dagegen störte sich am Lebenswandel ihrer Tochter, die, ohne männlichen Aufpasser, ihre Sexualität offen auslebte. Die alte Königin war nicht die Duldsamste. Eines Tages forderte sie ihre Tochter auf, sich an dem Schatz des Vaters zu bedienen. Die junge Frau beugte sich arglos über die geöffnete Truhe, als ihre Mutter den schweren Truhendeckel fallen ließ und ihn mit aller Kraft herunterdrückte. Gerüchten zufolge, traten dem Mädchen schon die Augen aus den Höhlen, als Diener um Hilfe riefen und ihre Herrin in letzter Minute retteten. Was danach mit ihr geschah, ist nicht überliefert. Entweder starb sie oder man steckte sie in ein Kloster, wenn sie nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 597 noch lebte.

Die merowingische Königstochter, die den herrischen Charakter ihrer Mutter geerbt zu haben schien, war Rigunth. Der Bischof von Tours, Gregor, erwähnt sie in seinen „Zehn Büchern Geschichte“. Für ihn hatte Rigunth auch gefastet. Ansonsten wird Rigunth in keiner Quelle genannt, die Angaben Gregors können daher nicht überprüft werden. Ihr Bräutigam, der spätere westgotische König Rekkared, sah sich noch nach einer weiteren merowingischen Prinzessin um, als auch dieses Heiratsprojekt scheiterte, nahm er 589 eine gewisse Baddo zur Frau, über die nichts weiter bekannt ist.

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Kommentare: 2
  • #1

    Daniela (Dienstag, 07 März 2017 20:37)

    Bei dem Elternhaus wäre der kleinen Rigunth ja so ein spanischer Torero von Herzen zu wünschen gewesen- sollte wohl nicht sein. Eine gewisse Einfältigkeit darf aber auch vorausgesetzt werden, da das Mutter-Tochter-Verhältnis ja nicht so berauschend war, hätte man vielleicht auf die wage Idee kommen können, dass die Einladung, das Köpfchen in die Truhe zu strecken, nicht aus reiner Großzügigkeit geschah...

  • #2

    Anne Mann (Freitag, 24 März 2017 21:22)

    Es gibt noch ein paar andere nette Geschichten. Zum Beispiel die von Deoteria, zuerst Geliebte, dann Ehefrau König Theudeberts. Sie bekam Angst vor der Konkurrenz ihrer Tochter aus erster Ehe. Also setzte sie ihre Tochter in eine geschlossene Sänfte, ließ Stiere anspannen, die dann in Panik über ein Brücke rasten. Die Sänfte stürzte in den Fluß und Deoterias Tochter ertrank. Oder Ingeltrud, die ein Kloster gründete und ihre Tochter zwang, ihren Mann zu verlassen, um mit ihr im Kloster zu leben.