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Gartenlust

Löwenzahn mit dem Untertitel "Mehr Unkraut".
Jeder kann Erfolgserlebnisse beim Gärtnern haben, solange er nicht zu wählerisch bei der Auswahl der Pflanzen ist.

Karl der Große war recht anspruchsvoll. Apfelbäume wollte er in den Gärten seiner Güter haben, Frühäpfel und Lageräpfel, süße und saure. Sogar die Sorten schrieb er vor: Gosmaringer, Geroldinger, Krevellen und Speieräpfel (alle nicht mehr erhältlich). Außerdem drei bis vier Sorten Birnen, darunter solche, die zum Kochen geeignet waren. Und Pflaumenbäume, Quitten, Edelkastanien, Kirschen, verschiedene Arten von Pfirsichen und so weiter und so weiter. 16 verschiedene Baumarten listet das Capitulare de villis auf. Der Erlass regelte die Bewirtschaftung und Verwaltung der Krongüter. Sie dienten der Versorgung des Hofes. Karl wünschte den Anbau von Obst, Gemüse und Kräutern, von der Runkelrübe bis zum Stink-Wacholder. Und auf dem Dach seines Hauses sollte der Gärtner Iovis barbam - Hauswurz ziehen.

Apfelblüte mit Schnee
Äpfel wurden schon früh in Baumgärten kultiviert.

Nicht zur Muße

Über mittelalterliche Gärten weiß man nicht viel. Der lateinische Begriff hortus wurde nicht nur für Garten im engeren Sinne verwendet, sondern für alles Eingezäunte. Das macht die Sache nicht einfacher. Werden Gärten in der Literatur beschrieben, sind meist nicht reale Gärten gemeint, sondern Allegorien, etwa die Kirche als blühender Garten. Der Garten als abgegrenzter Raum verweist natürlich auf den biblischen Paradiesgarten. Gartenratgeber, die heute ganze Buchregale füllen, waren im Mittelalter Mangelware. In den ältesten Gesetzestexten werden Hausgärten erwähnt, in denen Obst und Gemüse angebaut wurden. Im frühen Mittelalter waren Gärten nicht Orte der Muße, sondern dienten der Versorgung mit Nahrungsmitteln. Im St. Gallener Klosterplan (um 820) sind drei voneinander getrennte Gartentypen vorgesehen: ein Gemüsegarten, ein Kräutergarten für Heilkräuter und ein Baumgarten mit Obstbäumen. Später, im Hochmittelalter, gab es auch Lustgärten, die nicht der Produktion dienten. Mit Rasenflächen, Bäumen, Blumen, Rasenbänken und einem Brunnen schuf man irdische Paradiesgärten. Für einen schnellen Erfolg bei der Gartenanlage empfahl der Universalgelehrte Albertus Magnus im 13. Jahrhundert das Verlegen von Rasenplatten und das Verpflanzen fruchttragender Bäume. Merke: Selbst der Rollrasen geht auf das Mittelalter zurück!

Rosen. Kultivierte Rosen werden bereits 648 v.Chr. erwähnt.
Kultivierte Rosen werden bereits 648 v.Chr. erwähnt. Blumen zum Binden von Kränzen und Girlanden oder zum Streuen wurden in Rom in kommerziellen Gärtnereien angebaut.

Sollen sie doch Feigen essen!

Die Gärten des frühen Roms waren Küchengärten. Die Erzeugnisse boten eine willkommene Ergänzung zum üblichen Einerlei. Glücklich, wer einen Garten hatte. Ager pauperis, Acker der Armen, nannte Plinius die römischen Gärten. Bewohner von Mietshäusern stellten sich Kübel vor die Fenster, in denen sie Gemüse und Kräuter zogen. Ein wichtiges Produkt waren Feigen. Sie ersetzten das teure Brot. Cato soll seinen Sklaven sogar die Brotration gekürzt haben, sobald die Feigen reif wurden. Für die Vorratshaltung wurde das Gemüse eingelegt oder getrocknet. Weißkohl, Rüben und Zwiebeln lagerte man ein. Selbst angebaute Nahrungsmittel hatten einen hohen Stellenwert. Auch bei den Wohlhabenden. Es entsprach dem Ideal des Selbstversorgers. Sich mit Acker- und Gartenbau zu beschäftigen war eine römische Tugend. Nicht, dass der Hausherr selbst den Spaten in die Hand genommen hätte, das überließ man den Sklaven. Besonders im Gartenbau versuchte man schon früh, die Natur zu überwinden und zu „verbessern“. Man veredelte Bäume, versuchte, das Reifen zu beschleunigen oder die Erntezeit durch späte Aussaaten nach hinten zu verschieben. So sollen in Rom den ganzen Winter hindurch Rosen angeboten worden sein. Was den Ackerbau betrifft, waren die Römer weniger innovativ.

Blick vom Kolosseum auf den Palatin. Roms vornehmstes Viertel mit vielen Parkanlagen.
Roms vornehmstes Viertel: der Palatin. Hier lebte es sich inmitten von Parkanlagen sehr angenehm.

Kunst im Garten

Als im 1. Jahrhundert v.Chr. viel Geld in den Ausbau von Aquädukten gesteckt wurde, konnte man Gärten besser bewässern. Das eröffnete neue Möglichkeiten. Ein ummauerter Garten gehörte zum Stadthaus eines jeden wohlhabenden Römers. Wer es sich leisten konnte, machte daraus einen Peristylgarten, das war ein Garten, der auf allen Seiten von Säulen umgeben war. Die Römer hatten sich diesen Baustil von den Griechen abgeschaut. Auf der freien Fläche legte man einen Kunstgarten an, mit Blumen, in Form geschnittenen Bäumen, immergrünen Sträuchern, Wasserspielen und Skulpturen. Skulpturen waren wichtig, um sich als weltgewandt und gebildet darzustellen. Kleine Peristyle wurden durch Wandmalereien optisch gestreckt. Ein Ort zum Ausruhen und Angeben, pardon, zum Repräsentieren. Die Römer brachten die Kunst des Gartenbaus auch in ihre nördlichen Provinzen, wo sie von der einheimischen Bevölkerung übernommen wurden. Gut, das mit den Feigen klappte nicht so, aber Efeu geht schließlich immer.

 

Nach: Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, Bd. 5, Artikel Hortikultur Sp. 738ff.

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Kommentare: 2
  • #1

    Silvia Maria Sander (Montag, 05 Februar 2018 21:30)

    Sehr interessanter und lesenswerter Beitrag! Gibt es noch mehr Inspirierendes über Gartenkultur in Ihrem Blog?
    Mit freundlichen Grüßen.

  • #2

    Anne Mann (Freitag, 09 Februar 2018 21:57)

    Es freut mich, dass Ihnen der Beitrag gefallen hat. Ich befürchte allerdings, dass sich damit die Thematik Gartenkultur im Mittelalter erschöpft hat. Wir wissen einfach nicht genug darüber. Aber ich nehme die Anregung gerne auf und nehme mir vor, demnächst etwas über Klostergärten zu schreiben. Schauen Sie doch einfach mal wieder rein. In der Regel gibt es jeden Freitag einen neuen Artikel. Falls Sie an etwas anderer Gartenliteratur interessiert sind, dann möchte ich Ihnen "Portrait eines glücklichen Menschen. Der Gärtner von Versailles" von Érik Orsenna empfehlen. Eine andere Epoche, aber wirklich lesenswert.
    Liebe Grüße
    Anne Mann